Zuschrift von Frau Dr. med. H. G. in Z.: «Sie schreiben ‘Ein Testament ist ein Muss’. Darin wird allerdings der digitale Nachlass nicht erwähnt. Heute ist es aber wichtiger denn je, sich über seine Hinterlassenschaft in der digitalen Welt rechtzeitig Gedanken zu machen. Was geschieht nach meinem Tod beispielsweise mit meinen digitalen Bankkonten, Sozialen-Medien-Profilen, digitalen Abonnementen, E-Mail-Konten, Daten und Fotos in der Cloud, meinen Websites und Blogs? Könnten Sie uns ein paar Tipps geben, wie der digitale Nachlass zu regeln ist?»
Es gibt noch kein präzises Gesetz, das den digitalen Nachlass regelt.
Gemäss Artikel 560, Absatz 1 des Zivilgesetzbuches erwerben die Erben «die Erbschaft als Ganzes mit dem Tode des Erblassers kraft Gesetzes». Bislang ist der digitale Nachlass, namentlich die online gespeicherten Daten, noch nicht besonders geregelt. Ergo: Bis es in der Schweiz eine präzisere Gesetzesgrundlage zum digitalen Erbe gibt, sollte man umfassend selbst bestimmen, was mit seinem digitalen Nachlass passieren soll.
Vom Twint-Account bis zum LinkedIn-Profil: der digitale Nachlass ist enorm.
Der digitale Nachlass eines Menschen kann in der heute mehr und mehr digitalisierten Welt namentlich die folgenden Elemente umfassen:
- Online-Banking-Konten mit mehrfach gesichertem Zugriff, Kryptowährungen
- Logins für Online-Shops mit oder ohne Ein-Klick-Zahlung, Paypal, Twint, Kreditkarten
- Soziale-Medien-Profile wie Facebook, YouTube, Instagram, Whatsapp, X (vormals Twitter), Snapchat, LinkedIn, TikTok, Pinterest, Discord, Twitch, Telegram, BeReal, Truth Social
- E-Mail-Konten mit Postfächern, Archiven und Kontaktadressen
- Abonnements und Mitgliedschaften bei Microsoft, Netflix, Spotify, Apple Music, Cloud-Dienste aller Art, Künstliche Intelligenz wie ChatGPT, Deepseek, Perplexity oder Copilot sowie Internet, TV und Smartphone
- Digitale Fotos und Videos
- Dokumente und Daten in Cloud-Speichern
- Smartphone- und Computer-Daten
- Webseiten und Blogs
All diese digitalen Besitztümer harren einer Anweisung, wie sie nach dem eigenen Tod zu behandeln sind.
Für den digitalen Nachlass ist eine Liste mit allen digitalen Konten sinnvoll.
Der erste Schritt im Hinblick auf den digitalen Nachlass besteht darin, eine vollständige Liste aller digitalen Konten und digitalen Besitztümer zu schaffen: Onlinedienste aller Art, E-Banking, Smartphone, Computer, E-Mail-Konten, kostenpflichtige Abos. Dazu gehören akribisch genau die jeweiligen Zugangsdaten, Benutzerkonten und Speicherorte. Die Liste sollte laufend aktualisiert werden.
Zusatztipp: Wenn man die Liste seiner digitalen Konten und digitalen Besitztümer erstellt, lohnt es sich, seine digitalen Abos genau anzuschauen. Dann kann man auf alle digitalen Abos zu verzichten, die man offensichtlich nicht mehr oder nur sehr selten braucht.
Passwörter und Zugangsdaten am besten mit einem Passwortmanager verwalten.
Im heutigen digitalen Zeitalter ist es zeitgemäss, alle seine Zugangsdaten in einem Passwortmanager zu speichern. Der Passwortmanager funktioniert auf allen gängigen Geräten und Webbrowsern, sodass man auf all seinen Geräten auf die Logins zugreifen kann. Gespeicherte Passwörter werden meist automatisch aktualisiert, wenn man sie ändert.
Gute Passwortmanager sind: Dashlane, 1Password, LastPass und Keeper.
Vertrauensperson zur Verwaltung des digitalen Nachlasses bestimmen.
Hauptaufgabe beim digitalen Nachlass: Eine oder mehrere Vertrauenspersonen bestimmen, die den digitalen Nachlass nach dem eigenen Tod verwalten. Für jede der Vertrauenspersonen eine Liste mit den betroffenen digitalen Konten und digitalen Besitztümern samt Zugangsdaten und genauen Anordnungen verfassen.
Der digitale Nachlass kann ins Testament eingebaut werden.
Die Vertrauenspersonen für den digitalen Nachlass können samt den jeweils betroffenen digitalen Konten und digitalen Besitztümern, den jeweiligen Zugangsdaten und den genauen Anordnungen unter dem Titel «Digitaler Nachlass» ins Testament aufgenommen werden.
Nachlasskontakt bei Apple, Facebook und Google hinterlegen.
Apple, Facebook und Google bieten die Möglichkeit, im eigenen Account einen Nachlasskontakt zu hinterlegen. So kann die ausgewählte Vertrauensperson nach dem Tod des Users unkompliziert auf die Daten zugreifen, ohne dass eine Übergabe des Accounts stattfinden muss.
Viele Onlinedienste geben Angehörigen aber noch keinen Zugriff und schalten das Profil nach einer bestimmten Zeit auf inaktiv oder löschen das Konto.
Spezialisierte Schweizer Unternehmen bieten Unterstützung beim digitalen Nachlass.
In der Schweiz bieten mehrere spezialisierte Unternehmen Dienstleistungen an, um den digitalen Nachlass bestmöglich zu organisieren:
- SecureSafe speichert Passwörter, Dokumente und andere digitale Assets. Mithilfe des digitalen Nachlasses wird sichergestellt, dass die vorbestimmten Vertrauenspersonen nach dem Tod des Eigentümers der digitalen Besitztümer gemäss dessen Anordnungen Zugriff auf die Daten erhalten.
- LegacyNotes bietet die Möglichkeit, den gesamten Nachlass in digitaler Form zu planen und damit auch die Regelung des digitalen Nachlasses.
- Tooyoo.ch bietet neben vielen andern Dienstleistungen rund um die Vorbereitung des Ablebens auch «Die Verwaltung des digitalen Erbes».