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Anfrage von Dr. med. J. B. in Z.: «Wir, zwei Ärzte und eine Ärztin, gründen eine Gemeinschaftspraxis. Diese wollen wir als Praxisaktiengesellschaft führen. Die zwei Arzt-Aktionäre und die Arzt-Aktionärin bringen je einen Drittel des Aktienkapitals und erhalten im Gegenzug je einen Drittel der Aktien. Wir beabsichtigen, den zwei Arzt-Aktionären und der Arzt-Aktionärin einen gleich hohen branchenüblichen Lohn zu bezahlen. Den zwei Arzt-Aktionären und der Arzt-Aktionärin soll zudem je ein Drittel der jährlich festzulegenden Dividende ausbezahlt werden. Was müssen wir unternehmen, damit es bei einem Ausfall eines Arzt-Aktionärs oder der Arzt-Aktionärin wegen Krankheit oder Unfalls rund um Lohn und Dividende nicht zu Streitigkeiten kommt? Und gibt es bei der Festlegung der Dividendenhöhe Einschränkungen?»

Ein Aktionärsbindungsvertrag schafft Sicherheit. Auch bei Krankheit und Unfall.
Die Praxisaktiengesellschaft braucht einen massgeschneiderten Aktionärsbindungsvertrag. Das ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Aktionären. Ziel ist es, die Rechte und Pflichten der Aktionäre untereinander zu regeln. Dies insbesondere in Bereichen, die das Gesetz oder die Statuten der Gesellschaft nicht oder nur unzureichend abdecken.
Ein Hauptzweck des Aktionärsbindungsvertrags ist es, Streitigkeiten zu vermeiden und klare Regeln für die Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung unter den Aktionären festzulegen.

Taggeldversicherung ist der Schlüssel zu einer friedlichen Lösung
Urs Schöpfer von der Beckmann Wirtschaftsberatung AG, Luzern, zeigt auf, wie eine Praxisaktiengesellschaft den Ausfall eines Arzt-Aktionärs oder einer Arzt-Aktionärin wegen Krankheit oder Unfalls im Aktionärsbindungsvertrag regeln kann: Der Schlüssel zur streitfreien Lösung ist die von der Praxisaktiengesellschaft bezahlte Taggeldversicherung. Im Aktionärsbindungsvertrag kann das wie folgt formuliert werden:
«Für die Dauer ihrer Mitarbeit in der Praxisaktiengesellschaft ist für jeden Arzt-Aktionär und jede Arzt-Aktionärin für den Fall von Krankheit oder Unfall ein Taggeld in der Höhe von mindestens 80 Prozent des monatlichen Bruttogehalts während mindestens 720 Tagen zu versichern. Die Kosten dieser Taggeldversicherung gehen zu Lasten der Praxisaktiengesellschaft. Taggelder und ähnliche Entschädigungen dieser Versicherung stehen in dem Mass der Praxisaktiengesellschaft als Arbeitgeberin zu, als sie dem betroffenen Arzt-Aktionär oder der betroffenen Arzt-Aktionärin trotz Taggeldberechtigung den Lohn weiter auszahlt.»

Weniger Dividende für Arzt-Aktionäre und Arzt-Aktionärinnen, die länger als ein halbes Jahr ausfallen
Im Aktionärsbindungsvertrag kann eine Kürzung der Dividende für einen Arzt-Aktionär oder eine Arzt-Aktionärin vorgesehen werden, wenn dieser oder diese mehr als ein halbes Jahr wegen Krankheit oder Unfalls ausfällt. Im Aktionärsbindungsvertrag kann das wie folgt formuliert werden:
«Fällt ein Arzt-Aktionär oder eine Arzt-Aktionärin wegen Krankheit oder Unfalls mehr als ein halbes Jahr aus, so erhält er oder sie ab dem siebenten Monat nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit nur noch 50 Prozent der Dividende. Dies so lange, bis er oder sie wieder mindestens ein Arbeitspensum von 50 Prozent erreicht.»

Gegenseitiges Kaufrecht der Aktien, wenn jemand länger als zwei Jahre ausfällt
Für den Fall des Ausfalls eines Arzt-Aktionärs oder einer Arzt-Aktionärin wegen Krankheit oder Unfalls von mehr als zwei Jahren können sich die Arzt-Aktionäre und die Arzt-Aktionärinnen ein gegenseitiges Kaufrecht der Aktien an der Praxisaktiengesellschaft einräumen. Im Aktionärsbindungsvertrag kann das wie folgt formuliert werden:
«Die Arzt-Aktionäre und die Arzt-Aktionärinnen räumen sich gegenseitig ein Kaufrecht an ihren Aktien der Praxisaktiengesellschaft ein. Dieses Kaufrecht kann von allen andern Arzt-Aktionären und Arzt-Aktionärinnen ausgeübt werden, wenn ein Arzt-Aktionär oder eine Arzt-Aktionärin während mehr als zwei Jahren wegen Krankheit, Unfalls oder aus einem andern Grund nicht mehr mit einem Pensum von mindestens 50 Stellenprozenten als Arzt oder Ärztin für die Praxisaktiengesellschaft tätig ist.»

Die Dividende und der Lohn müssen in einem stimmigen Verhältnis sein
Zur Frage, ob es bei der Festlegung der Dividendenhöhe Einschränkungen gibt, haben wir im Artikel «Praxis AG: Die Kombination eines unangemessen tiefen Lohns mit einer überhöhten Dividende ist verboten» wie folgt Stellung genommen: «Dividenden von zehn Prozent oder mehr im Verhältnis zum Steuerwert der Wertpapiere sind vermutungsweise überhöht. Dies namentlich in Kombination mit einem branchenunüblich tiefen Lohn der Arzt-Aktionäre und der Arzt-Aktionärinnen.»

 

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