In der Schweiz beläuft sich die Scheidungsrate auf fast 40 Prozent. Das heisst: Von zehn Ehen landen fast vier Ehen vor dem Scheidungsrichter. Eine Scheidung hat viele finanzielle Auswirkungen auf die Ehepartner. Eine wichtige davon steht in Artikel 122 des Zivilgesetzbuches: «Die während der Ehe bis zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens erworbenen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge werden bei der Scheidung ausgeglichen.» Die Online-Wirtschaftspublikation «Cash» hat zum Thema «Scheidung und Pensionskasse» acht Fragen gestellt und beantwortet. Hier eine Zusammenfassung davon.
- Wie wird das Pensionskassenguthaben bei einer Scheidung aufgeteilt?
Antwort: Lässt sich ein Paar scheiden, werden die Gelder, die während der Ehedauer in die Pensionskasse eingezahlt wurden, zur Hälfte aufgeteilt. Das heisst: Selbst wenn die Beitragszahlungen aufgrund unterschiedlicher Löhne, Anstellungsbedingungen und Pensionskassenreglemente unterschiedlich hoch ausfallen, werden die eingezahlten Beiträge zusammengerechnet und durch zwei geteilt. Das gilt auch für die eingetragene Partnerschaft, nicht aber für das Konkubinat, denn aus dieser Lebensgemeinschaft ergeben sich keinen rechtlichen Verpflichtungen. - Welchen Einfluss hat der Güterstand auf die Aufteilung der zweiten Säule?
Antwort: Egal ob Errungenschaftsbeteiligung, Gütergemeinschaft oder Gütertrennung: Wer sich scheiden lässt, muss unabhängig vom Güterstand das zusammengezählte Pensionskassenguthaben der beiden Ehepartner hälftig teilen. Geld, das vor der Ehe und nach der Ehe in die Pensionskasse fliesst, bleibt Eigengut. Wichtig: Es wird nur das Geld geteilt, das während der Ehedauer vom Heiratsdatum bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens einbezahlt wurde. - Wie wird das aufzuteilende Pensionskassenguthaben ermittelt?
Antwort: Hat das Paar die Scheidung eingereicht, tritt der Scheidungsrichter auf den Plan. Der fordert von den betroffenen Pensionskassen sämtliche Einzahlungen aufzulisten, die die Ehepartner während der Ehedauer an diese Pensionskassen geleistet haben. Gemeldet werden muss auch, ob die Ehepartner Pensionskassenvorbezüge oder Verpfändungen für Wohneigentum getätigt oder freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse vorgenommen haben.
Basierend darauf ermittelt der Scheidungsrichter, um wie viel die Freizügigkeitsleistung der beiden Ehepartner während der Ehe gewachsen ist. Es geht mithin um die beiden Freizügigkeitsleistungen im Zeitpunkt der Einleitung der Scheidung minus die Freizügigkeitsleistungen, die im Zeitpunkt der Heirat vorhanden waren, und zwar aufgezinst bis zur Einleitung der Scheidung. Das ergibt dann für jeden Ehepartner den «Zuwachs der Freizügigkeitsleistung während der Ehe». Daraus wird die Ausgleichszahlung an den berechtigten Ehepartner berechnet, damit beide Ehepartner je die Hälfte der während der Ehe von beiden Ehepartnern angehäuften Pensionskassenguthaben für ihre Zweite-Säule-Vorsorge ins Leben nach der Scheidung mitnehmen können. - An wen wird die Ausgleichszahlung vorgenommen?
Antwort: Das Geld wird nach dem Beschluss des Scheidungsrichters in einer Einmalzahlung an die Pensionskasse des berechtigten Ehepartners übertragen. Falls dieser Ehepartner keine Pensionskasse hat, erfolgt die Zahlung auf ein Freizügigkeitskonto. Das Geld darf nicht auf ein privates Vermögenskonto überwiesen werden, sondern muss in der beruflichen Vorsorge gebunden bleiben. - Welche Rolle spielt das Alter bei der Scheidung?
Antwort: Ob man sich bereits in jungen Jahren oder erst ab 50 oder sogar erst nach der Pension scheiden lässt, hat auf das Verfahren keinen grossen Einfluss. Klar ist: Wer nur kurz verheiratet ist, hat nicht viel zum Aufteilen. Je länger man verheiratet ist und je älter man wird, desto grösser werden die Beitragszahlungen und desto mehr Geld muss bei einer allfälligen Scheidung geteilt werden. Je näher man an die Pensionierung rückt und sich scheiden lässt, desto grösser kann die Ausgleichszahlung ausfallen. - Was geschieht, wenn man sich erst nach der Pensionierung scheiden lässt?
Antwort: Seit dem 1. Januar 2017 werden die Freizügigkeitsleistungen auch dann geteilt, wenn ein Ehegatte bereits pensioniert ist und Rente bezieht. Dafür gibt es zwei Varianten:- Es wird ein hypothetisches Sparguthaben auf Basis der laufenden Rente berechnet, das anschliessend geteilt wird.
- Es wird für den oder die Berechtigte ein lebenslanger Rentenanspruch auf Basis der laufenden Rente berechnet.
- Wie lassen scheidungsbedingte Lücken in der zweiten Säule schliessen?
Antwort: Reisst die Scheidung Lücken in die erwartete Pensionskassenleistungen des ausgleichpflichtigen Ehepartners, können diese Lücken mittels eines Pensionskasseneinkaufs geschlossen und von der Steuer abgezogen werden. Und: Die Sperrfrist von drei Jahren vor der Pensionierung gilt nicht für Wiedereinkäufe in die Pensionskasse aufgrund der Scheidung. Ein Beispiel: Eine 62-jährige Frau möchte sich in ihre Pensionskasse einkaufen, um ihre Vorsorgeleistung zu verbessern und Steuern zu optimieren. Dann darf sie ihre Pensionskasse für die nächsten drei Jahre laut Gesetzt nicht als Kapital, sondern nur als Rente beziehen. Lässt sie sich aber scheiden und muss 150'000 Franken als Ausgleichszahlung an ihren Partner leisten, darf sie sich ohne Sperrfrist wieder in die Pensionskasse einkaufen.
Interessierte fragen häufig, ob sie zuerst die regulären Einkäufe machen und erst kurz vor der Pensionierung die Scheidungsrückzahlung in die Pensionskasse leisten können. Das ist nicht möglich. Das Gesetz schreibt vor, dass von Pensionskasseneinkaufswilligen immer zuerst die Scheidungsrückzahlungen getätigt werden müssen. - Was geschieht bei einer zweiten oder dritten Scheidung?
Antwort: Lässt sich eine Person mehrmals scheiden, dann beginnt das Ganze bei jeder Scheidung wieder von vorne. Der Scheidungsrichter ermittelt die geleisteten Freizügigkeitsleistungen des Paares während der Ehedauer und berechnet daraus den Zuwachs, der zur Hälfte aufzuteilen ist. Leistungen aus früheren Ehen oder eingetragenen Partnerschaften sind jeweils schon eingerechnet.