Fragen ?
Kontakt
Hören Drucken Teilen

Das Bundesgericht erklärt eine Verfügung des Schwyzer Amtes für Gesundheit und Soziales für nichtig, mit der es medizinische Leitungspersonen einer Klinik bezüglich eines Patienten mit pädophilen Neigungen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden von der beruflichen Schweigepflicht entbunden hat. Weil der Betroffene nicht in das Verfahren einbezogen und ihm die Verfügung nicht eröffnet wurde, liegen besonders schwere Verfahrensmängel vor.

Das ist der Fall vor Bundesgericht
Ein Mann begab sich 2022 zur stationären Behandlung in eine Klinik im Kanton Schwyz. Dabei kam sein Konsum von Kinderpornografie zur Sprache. Die Klinik ersuchte das Amt für Gesundheit und Soziales des Kantons Schwyz darum, bestimmte medizinische Leitungspersonen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und den eigenen Anwälten bezüglich des Patienten in drei Punkten von der beruflichen Schweigepflicht zu entbinden: Bekanntgabe der Personalien, Bekanntgabe des Patientenverhältnisses und Bekanntgabe der Patientengeschichte. Begründung: Es bestehe die Gefahr weiteren Konsums von Kinderpornografie und das Risiko einer Fremdgefährdung.

Patient wurde nicht informiert
Nach Genehmigung des Entbindungsgesuchs reichte die Klinik gegen den Patienten Strafanzeige wegen harter Pornografie ein. Der Patient erfuhr von der Entbindung erst anlässlich der Einsichtnahme in die Akten der Strafuntersuchung durch seine Anwältin. Beschwerden des Patienten gegen die Entbindungsverfügung wiesen der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ab. Somit gelangt der Patient ans Bundesgericht.

Schwere Verfahrensmängel
Das Bundesgericht heisst mit dem Urteil 2C_332/2024 die Beschwerde des Patienten gut und stellt wegen besonders schwerer Verfahrensmängel die Nichtigkeit der Entbindungsverfügung vom Arztgeheimnis fest. Der Betroffene wurde nicht in das Entbindungsverfahren einbezogen und die Verfügung wurde ihm auch nicht zugestellt. Letzteres kann höchstens dann zulässig sein, wenn dafür eine klare gesetzliche Grundlage besteht. Eine solche lag hier nicht vor, womit allein schon deshalb ein gravierender Verfahrensfehler vorliegt. Die unterlassene Zustellung und der Nichteinbezug des Betroffenen führten dazu, dass er sich nicht rechtzeitig gegen die Entbindung zur Wehr setzen konnte.

Die Parteirechte müssen gewahrt werden
Von Bedeutung ist weiter, dass die persönlichen Informationen, die unter die ärztliche Schweigepflicht fallen, in besonderem Masse schützenswert sind. Umso wichtiger ist es, beim Entscheid über die Entbindung von der Schweigepflicht die Parteirechte zu wahren. Dass dies unterlassen wurde, begründeten die Behörden nicht mit einer konkreten Gefahr für ein hochwertiges Rechtsgut, etwa die sexuelle Integrität eines bestimmten Kindes, sondern mit einer möglichen Beweismittelvernichtung. Dies reicht nicht aus, um eine derart gravierende Gehörsverletzung zu rechtfertigen.

Wörtlich schreibt das Bundesgericht im Urteil über die ärztliche Schweigepflicht
Im Bundesgerichtsurteil 2C_332/2024 ist über die ärztliche Schweigepflicht wörtlich zu lesen: «Bedeutsam ist, dass der ärztlichen Schweigepflicht unterliegende persönliche Informationen in besonderem Mass schützenswert sind. Behördliche Entbindungen von der Schweigepflicht sind demgemäss grundsätzlich als Eingriffe in die Privatsphäre zu qualifizieren, und umso wichtiger ist die Wahrung der Parteirechte der Betroffenen im Entbindungsverfahren. Zwar sieht die Rechtsordnung verschiedentlich vor, dass dem Berufsgeheimnis unterstehende Personen den Behörden gewisse der Schweigepflicht unterliegende Wahrnehmungen direkt, das heisst ohne vorgängiges Entbindungsverfahren, melden dürfen oder sogar müssen. Dies setzt allerdings voraus, dass eine konkrete Gefahr für hochwertige Rechtsgüter besteht. So halten etwa auch die medizinethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) fest, dass selbst bei Personen, die sich im Straf- bzw. Massnahmenvollzug befinden, eine direkte Meldung nur erfolgen darf, ‘wenn das Leben oder die körperliche Integrität eines Dritten ernsthaft und akut gefährdet ist’.»

 

 
 

Haftungsausschluss
Dieses Webseite informiert über spezifische Themen, die im Zusammenhang von Versicherungen wissenswert sind. Es stellt weder ein Angebot von Versicherungen dar, noch führt es zu einer Vertrags- oder Beratungsbeziehung zwischen Ihnen und den Herausgebern dieser Webseite. Die Inhalte dieser Webseite stellen keine persönliche Beratung dar, ersetzen keine persönliche Abklärung Ihrer Situation und sind nicht verbindlich. Etwaige Hinweise, Empfehlungen oder Beispiele sind allgemeiner Natur und nicht als persönliche Empfehlung oder Aufforderung zu verstehen. Wir übernehmen keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit oder Aktualität der Informationen. Eine Haftung der Herausgeber für Schäden, die aus der Anwendung der dargestellten Inhalte entstehen, ist ausgeschlossen. Bitte treffen Sie keine Entscheidungen allein aufgrund der Inhalte dieser Webseite. Für eine individuelle und auf Ihre Situation zugeschnittene Beratung wenden Sie sich bitte an die Ärzteberatung ABC oder weitere Experten.

 
 

Weitere Optionen