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verwandtenunterstuetzungFrage von Dr. med. H. U. in H.: „Ich, 52-jährig, habe einen erwachsenen Sohn aus einer früheren Ehe, mit dem ich seit Langem leider keinen Kontakt mehr habe. Jetzt ist er in einer materiellen Notsituation. Die zuständige Gemeindebehörde will auf mich zurückgreifen. Wie bin ich laut Gesetz in der Pflicht?“

Antwort: So steht es im Zivilgesetzbuch: „Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, in Not geratene Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen.“ Das betrifft namentlich Eltern gegenüber mündigen Kindern und umgekehrt. Diesen Gesetzesparagrafen haben die Sozialbehörden vieler Gemeinden tatsächlich wiederentdeckt. Sie wollen das Wachstum der Sozialkosten dämpfen, indem sie auf direkte Verwandte von Sozialhilfeempfängern zurückgreifen. Fragt sich, wer befürchten muss, verwandtenunterstützungspflichtig zu werden. Die einzige Antwort des Gesetzgebers: „Wer in günstigen Verhältnissen lebt“. Deshalb muss auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts und die daraus abgeleiteten Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS zurückgegriffen werden. Diese rechtlich nicht verpflichtenden Vorgaben werden von den meisten Gemeinden mehr oder weniger eingehalten.

180‘000 Franken Einkünfte
Gemäss den SKOS-Richtlinien lebt ein Ehepaar erst ab Jahreseinkünften von 180‘000 Franken „in günstigen Verhältnissen“ und eine alleinstehende Person ab 120‘000 Franken. Pro minderjähriges oder sich in Ausbildung befindliches Kind kommen noch 20‘000 Franken dazu. Die Jahreseinkünfte umfassen zuerst mal das steuerbare Einkommen. Dazu kommt ein aufgrund des Lebensalters fiktiv errechneter Verzehr des steuerbaren Vermögens nach Abzug eines Freibetrags. Für Verheiratete beträgt dieser 500‘000 Franken, für Alleinstehende 250‘000 Franken und für jedes Kind 40‘000 Franken.
Nur wer in solchen Einkommens- und Vermögensverhältnissen lebt, kann von der Sozialbehörde als Verwandtenunterstützer ins Auge gefasst werden. Der mögliche Verwandtenbeitrag ist dann die Hälfte der Differenz zwischen den gesamten Einkünften und der abziehbaren Pauschale für die gehobene Lebensführung. Die Unterstützung kann allerdings nicht einfach mit einem Behördenbeschluss eingefordert werden. Im Streitfall muss die Gemeinde eine Zivilklage erheben. Gelangt der Fall bis ans oberste Gericht, kommen grosso modo die Richtlinien der SKOS zum Tragen, die ja auf der Bundesgerichtspraxis beruhen.

Ein Beispiel
Ein 52-jähriger verheirateter Arzt mit zwei Kindern in Ausbildung erzielt ein steuerbares Jahreseinkommen von 250‘000 Franken und verfügt samt den Immobilien über ein steuerbares Gesamtvermögen von 1,6 Millionen Franken. In diesem Fall wird die höchstmögliche Verwandtenunterstützung für ein mündiges Kind gemäss den SKOS-Richtlinien wie folgt berechnet:

Steuerbares Einkommen: 250‘000 Franken
Fiktiver Vermögensverzehr: 34‘000 Franken
1‘600‘000 minus 500‘000 minus 80‘000 (2 mal 40‘000 pro Kind) ergibt 1‘020‘000 umgewandelt in den Jahresverzehr mit dem Quotienten 1/30 ergibt 34‘000  
Gesamtes anrechenbares Einkommen 284‘000 Franken
Minus die Pauschale für gehobenen Lebensführung -220‘000 Franken
180‘000 für Verheiratete plus zweimal 20‘000 für die Kinder  
Differenz zwischen anrechenbaren Einkommen und der Pauschale für die gehobene Lebensführung  64‘000 Franken
Die Hälfte der Differenz entspricht dem möglichen Verwandtenbeitrag von 64‘000 geteilt durch zwei 32‘000 Franken

                

                  

 


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