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Chefarzt Pensionskasse April 15Frage von Dr. U. M. in B.: „Ich bin angestellter Chefarzt in einem Spital. Jetzt plane ich, meine Spitaltätigkeit zurückzuschrauben und unter Einsatz meines Pensionskassenkapitals eine Gemeinschaftspraxis aufzubauen. Gibt es für einen solchen Vorbezug des Angesparten in der Pensionskasse gesetzliche Einschränkungen?“

„Echte“ Selbständigkeit
Laut dem Freizügigkeitsgesetz dürfen Lohnabhängige wie Chefärzte das angesparte Pensionskassenkapital im Hinblick auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in bar vorbeziehen. Dazu müssen allerdings strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Die erste Voraussetzung ist der Status der „echten“ Selbständigkeit. Dieser ist laut den massgebenden AHV-Vorschriften dann gegeben, wenn jemand mit einem eigenen Firmennamen auftritt, das eigene wirtschaftliche Risiko trägt, die Betriebsorganisation frei wählen kann, für mehrere Auftraggeber tätig ist und allenfalls andere Personen beschäftigt. Das ist im Fall einer Arztpraxis dann gegeben, wenn der Arzt über eine Betriebsbewilligung als selbständiger Arzt verfügt und die Arztpraxis nicht in Form einer Kapitalgesellschaft geführt wird.

Im Haupterwerb
Damit das Pensionskassenkapital beim Übergang vom lohnabhängigen Chefarzt zum selbständigen Betreiber einer Arztpraxis vorbezogen werden kann, braucht es neben der „echten“ Selbständigkeit aber noch eine zweite Voraussetzung: Die „echte“ selbständige Erwerbstätigkeit muss im Haupterwerb ausgeübt werden, damit die Unterstellung unter die obligatorische berufliche Vorsorge entfällt.

Pensionskasse muss zwingend abklären
Das Bundesamt für Sozialversicherungen stellt aufgrund der jüngsten Rechtssprechung fest: Die Pensionskasse, an die ein Gesuch zum Vorbezug des Vorsorgekapitals gerichtet wird, muss zwingend abklären, ob die selbständige Tätigkeit ein Haupt- oder nur ein Nebenerwerb ist. Werden vom Gesuchsteller für eine Barauszahlung mehrere Tätigkeiten ausgeübt, dienen beispielsweise die Höhe der Teileinkommen oder die Aufteilung der Arbeitszeit als Beurteilungskriterien zur Festsetzung des Haupt- und des Nebenerwerbs.
Alles in allem gilt: Eine Pensionskasse darf im Hinblick auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nur dann zur Barauszahlung des angesparten Vorsorgekapitals schreiten, wenn über jeden Zweifel erhaben eine „echte“ Selbständigkeit im Haupterwerb vorliegt. Im konkreten Fall muss die Pensionskasse aufgrund ihrer Abklärungen mithin unzweifelhaft zum Schluss kommen, dass die Spitaltätigkeit in Zukunft nur noch ein Nebenerwerb und die neue Praxis die Haupterwerbsquelle ist.
 
Gründung einer Praxisaktiengesellschaft: keine Barauszahlung möglich
Immer mehr Ärztinnen und Ärzte wollen ihre zu gründende Praxis in Form einer Kapitalgesellschaft betreiben. Dabei wäre die Austrittsleistung aus der Pensionskasse als Startkapital und Investitionszustupf oft willkommen. Zumal bei der Gründung einer Aktiengesellschaft ein Minimalkapital von 100‘000 Franken einbezahlt werden muss.
Eine Barauszahlung der Pensionskasse ist in diesen Fällen jedoch ausgeschlossen: Die Ärztin oder der Arzt ist ein Mitarbeitender der eigenen AG. Und damit weiter der obligatorischen beruflichen Vorsorge unterstellt. Die Aktiengesellschaft muss sich zwingend einer Pensionskasse anschliessen und alle Mitarbeitenden versichern. Vorhandenes Freizügigkeitskapital wird auf die Vorsorge der Gesellschaft übertragen.

 

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