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Selbstandige Juli 2015Selbständigerwerbende wie viele Ärztinnen und Ärzte sind der obligatorischen Pensionskassenpflicht und Krankentaggeldversicherung nicht unterstellt. Sie haben deshalb im Bereich der Sozialversicherungen mehr Freiheit. Umso mehr gilt es, die bestmögliche lebenslange private Finanzplanung zu gestalten und dauernd zu überprüfen. Auch sollte vermieden werden, in der stark regulierten beruflichen Vorsorge ungesetzlichen Lockvogelangeboten aufzusitzen.

Wer ist selbständig?
Im Rahmen des Schweizer Sozialversicherungsrechts gilt als selbständigerwerbend, wer unter eigenem Namen und auf eigene Rechnung arbeitet und in unabhängiger Stellung das eigene wirtschaftliche Risiko trägt. Ob das zutrifft, wird in der Regel von der zuständigen AHV-Ausgleichskasse beurteilt. Selbständige Ärztinnen und Ärzte, die ihre Praxis nicht in Form einer Kapitalgesellschaft führen, gehören dazu.

AHV obligatorisch, Pensionskasse und Krankentaggeld freiwillig
Selbständigerwerbende sind der AHV obligatorisch unterstellt. Der Beitragssatz beläuft sich auf dem massgebenden AHV-beitragspflichtigen Jahreslohn ab 56‘400 Franken auf 9,7 Prozent. Unter diesem Lohn kommt eine sinkende Beitragsskala zum Einsatz.
Selbständigerwerbende sind der obligatorischen Pensionskassenpflicht und Krankentaggeldversicherung nicht unterstellt. Sie können sich freiwillig einer Pensionskasse anschliessen oder die Altersvorsorge über die steuerbefreite Vorsorgesäule 3a aufbauen. Ohne Zugehörigkeit zu einer Pensionskasse dürfen bei der Säule 3a mit einer Höchstgrenze von 33‘696 Franken jährlich bis zu 20 Prozent des steuerbaren Einkommens einbezahlt und steuerlich geltend gemacht werden.

Freiwillige Pensionskasse
Selbständigerwerbende können sich freiwillig bei der Pensionskasse ihres Berufes wie beispielsweise den speziellen Kassen für Ärztinnen und Ärzte oder bei der Pensionskasse ihrer Arbeitnehmer versichern lassen. Selbständige Pensionskassenangehörige haben dann ein Privileg: Laut einem Bundesgerichtsurteil (9C_583/2009) sind Selbständigerwerbende berechtigt, die Hälfte der Einzahlungen in die Vorsorgeeinrichtung vom massgebenden AHV-beitragspflichtigen Einkommen abzuziehen. Das gilt sowohl für die laufenden ordentlichen Beiträge an die Kasse wie auch für die freiwilligen zusätzlichen Einkäufe.
Das Gesetz kennt für die freiwilligen Pensionskassenlösungen der Selbständigen einige weitere spezielle Vorschriften. So können sich Selbständige im Gegensatz zu Lohnabhängigen freiwillig ausschliesslich überobligatorisch versichern lassen. Zudem müssen die freiwillig einbezahlten Beiträge und Einlagen dauernd der beruflichen Vorsorge dienen. Das angesparte Pensionskassenkapital kann mithin genaugleich wie bei den Lohnabhängigen nur noch im Rahmen der generell geltenden Vorbezugsregeln herausgelöst werden.

Kollektivität: Lockvogelangebote
Für Selbständige gilt im Pensionskassenrecht überdies eine strengere Vorschrift über die Kollektivität. Artikel 1c Absatz 2 der Verordnung zum Berufsvorsorgegesetz hält klar fest, dass eine bloss virtuelle Kollektivität nicht für die freiwillige Versicherung von Selbständigerwerbenden gilt. Der selbständige Arbeitgeber kann somit, wenn er sich mit dem Personal bei einer Sammeleinrichtung anschliesst, nur in demselben Plan versichert sein wie seine Arbeitnehmer. In diesem Bereich gibt es für Selbstständige ausserhalb der anerkannten Branchenlösungen zuweilen Lockvogelangebote, die einen ungesetzlichen separaten Vorsorgeplan für den Selbständigen enthalten. Da heisst es: Vor dem Anschluss das Angebot unbedingt von einem Sachverständigen überprüfen lassen.

Unterversicherung beim Erwerbsausfallrisiko vermeiden
Selbständige Inhaberinnen und Inhaber von Arztpraxen sollten der Erwerbsausfallversicherung für sich selber und für die Mitarbeitenden besondere Aufmerksamkeit schenken. Oft fällt mit dem Ausfall des Praxisinhabers der gesamte Praxisumsatz dahin. Deshalb ist der Abdeckungshöhe der Schlüsselpersonen besondere Beachtung zu schenken. Ungenügende oder zu lange aufgeschobene Lohnfortzahlungen bei Krankheit oder Unfall können rasch ins Geld gehen. Die problemlos tragbaren Risiken sind deshalb sorgfältig abzuwägen.

Im nächsten Beitrag dieser Vorsorgeserie befassen wir uns mit den Möglichkeiten und Grenzen der steuerbefreiten Vorsorgesäule 3a.



Hypothek mit Säule 3a amortisieren und dann andere Hypothek wieder aufstocken: Bundesgericht vereitelt Schlaumeierei

Im März und April 2011 macht Fritz A. Vorbezüge von rund 80‘000 Franken aus seiner Säule 3a und amortisiert damit eine Hypothek auf seinem Wohneigentum. Im Dezember 2011 kassiert er für die Erhöhung einer Hypothek auf der gleichen Liegenschaft 40‘000 Franken. Laut dem Bundesgericht egalisiert die Hypothekenerhöhung anteilmässig den Vorbezug. Die 40‘000 Franken werden aufgerechnet und müssen mit dem übrigen Einkommen voll versteuert werden.

Vorbezug für Wohneigentumsförderung

Das angesparte Vorsorgekapital bei der Pensionskasse oder der freiwilligen steuerbegünstigten Vorsorgesäule 3a darf im Bereich der Wohneigentumsförderung ausschliesslich für den Erwerb und die Erstellung von Wohneigentum zum Eigenbedarf, für die Beteiligung am Wohneigentum zum Eigenbedarf sowie oder zur Rückzahlung von Hypothekardarlehen vorbezogen werden. Damit bleiben die vorbezogenen Mittel, wie vom Gesetzgeber gewünscht, der Vorsorge erhalten. Obwohl im Gesetz nicht erwähnt, dürfen nach der geltenden Rechtsauffassung auch normale Umbau- und Renovationsarbeiten zur Werterhaltung und Wertvermehrung der Immobilie mit einem Vorbezug von Vorsorgegeldern finanziert werden. Für andere Zwecke ist der Vorbezug indessen nicht zu gewähren.

Einzelheiten des Bundesgerichtsfalls (2C_325/2014 vom 29. Januar 2015) http://www.servat.unibe.ch/dfr/bger/150129_2C_325-2014.html

Fritz A. bezieht am 31. März 2011 aus seiner Säule 3a eine Kapitalleistung von 30‘929 Franken sowie am 4. April 2011 eine solche von rund 57'225 Franken. 82‘929 Franken des bezogenen Geldes werden sogleich zur Amortisation von Hypothekardarlehen auf dem Wohneigentum eingesetzt und der kleine Rest für Renovationen desselben. Im Dezember 2011 erhöhen die Beschwerdeführer eine andere Hypothek auf dem gleichen Wohneigentum um 40‘000 Franken.

Aufgrund dieser Sachlage erwägt das Bundesgericht sinngemäss: Die Amortisation einer Hypothek für selbst genutztes Wohneigentum mit gleichzeitiger oder kurz darauf erfolgender Erhöhung einer anderen Hypothek auf dem gleichen Objekt kann nicht als Rückzahlung von Hypothekardarlehen anerkannt werden. Denn mit der Wiederaufstockung einer Hypothek auf dem gleichen Wohneigentum geht der Vorsorgecharakter des vorbezogenen Vorsorgekapitals verloren. Mit solchen Transaktion hätten es die Wohneigentümer in der Hand, durch das "Umparkieren" von Geldern die in der Vorsorge gebundenen Mittel in den frei verfügbaren Privatbereich zu transferieren. Oder: Im konkreten Fall kann der Kapitalvorbezüger dank seines Tricks mit 40‘000 der 88‘154 vorbezogenen Vorsorgefranken machen, was er will. Das ist gegen das Gesetz.

Ergo: Die 40‘000 Franken aus der Hypothekarerhöhung im Dezember 2011 reduzieren einerseits den im März und April 2011 getätigten, privilegiert besteuerten Vorsorgekapitalvorbezug auf 48‘154 Franken und müssen anderseits voll als zusätzliches Einkommen versteuert werden.

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