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Depression August 15In Medinside.ch, der neuen Online-Plattform für die Gesundheitsbranche, wird aufgezeigt, was ein Arzt über die Folgen seiner eigenen Depression in der englischen Zeitung „The Guardian“ anonym berichtet hat: weniger Selbstzweifel – aber mehr Zweifel an seinen Patienten.

Depression und Alkohol
Der Arzt erleidet schon drei Jahre nach dem Staatsexamen in seiner Assistenzarztzeit eine schwere Depression. Zuvor schon hat er leichte depressive Anfälle gehabt. Und in der Stresssituation des Berufseinstiegs trinkt er oft zuviel. Versagensängste kommen auf. Er macht sich Selbstvorwürfe. Er lässt sich Antidepressiva verschreiben und wagt später eine Elektrokonvulsionstherapie.

Die Heilung
Zusammen mit der Medikation und einer guten Betreuung im Umfeld zeigt sich tatsächlich eine Wirkung: Nach einer längeren Auszeit kann der Arzt wieder zurück an die Arbeit. Er fühlt sich von seiner Depression geheilt.
Der anonym bleibende Arzt fragt sich nun, wie er sich in diesem Prozess durch Depression und Heilung verändert hat, und zwar bei seiner Tätigkeit und in seinem Verhältnis zu den Patienten. Sein erstes Fazit: Die Entwicklung war grundsätzlich positiv.

Mehr Selbstvertrauen
Er fühlt sich jetzt stabiler und hat als Arzt mehr Selbstvertrauen. Dies darum, weil er den Eindruck hat, dass niemals wieder etwas so schwierig sein wird wie das, was er gerade durchgemacht hat. Aber da gibt es noch etwas: „My own nervous breakdown as a doctor made me doubt my patients' depression”. Seine Haltung gegenüber den Patienten hat sich verändert. Das zeigt sich vor allem so: Als ehemaliger Depressiver ist seine Empathie gegenüber Depressiven überhaupt nicht gestiegen, im Gegenteil: Wenn Patienten klagen, depressiv und bedrückt zu sein, reagiert der von der Depression geheilte Arzt gereizt. Er sagt: „Ich glaubte nach meiner eigenen Depression nicht mehr, dass Depression eine Krankheit sei.“

Vorwurf der Unfähigkeit
Der Hauptgrund dafür: In der Phase seiner eigenen Erkrankung ist ihm wieder und wieder gesagt worden, dass sein Zusammenbruch letztlich eine Unfähigkeit sei, mit den Rückschlägen des Lebens umzugehen. So begann er zu glauben, dass dies bei den meisten Leuten mit einer ähnlichen Diagnose auch der Fall ist.

„Ich würde es niemandem wünschen“
Am Ende ist der früher depressive Arzt zwar geheilt. Aber seine Denkweise ist, wie er selber sagt, beschädigt, „flawed“. Erst nachdem er wieder viel Zeit mit Patienten verbracht hat, nachdem er mit ihnen Herkunft, Hintergrund und deren Krankheit genau ausgelotet hat – erst dann beginnt er langsam einzusehen, wie wahllos psychische Erkrankungen wirklich sind.
Sein Fazit? Eine Depression kann die ganze Identität zerstören, den Selbstwert und alle alten Überzeugungen. „Obwohl mich die Depression zu einem empathischeren Arzt und irgendwie zu einer stärkeren Person gemacht hat, würde ich sie niemandem wünschen“, lautet das Schlusswort des Berichts des ehemals depressiven Arztes.

 

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