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Bundesgericht Oktober 15Ärztinnen und Ärzte müssen die Behandlung von Patienten nur so weit dokumentieren, wie dies aus medizinischer Sicht notwendig und üblich ist. Besteht aus medizinischen Gründen keine Pflicht zur Dokumentation, darf ihr Fehlen im Haftpflichtprozess gegen die Ärztin oder den Arzt nicht als Nachweis dafür gelten, dass er die fragliche Behandlung unterlassen hat.

60'000 Franken Genugtuung
Eine Frau erleidet 1993 bei der Geburt ihrer Tochter einen Dammriss, der zu einer Stuhlinkontinenz führt. Sie klagt 2005 gegen ihren damaligen Gynäkologen wegen Verletzung seiner Sorgfaltspflichten. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigt 2015 das Urteil des Zürcher Bezirksgerichts und spricht der Frau eine Genugtuung von 60'000 Franken zu.

Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht
Bei seinem Entscheid geht das Obergericht unter anderem davon aus, dass der Arzt nach der Geburt zur Durchführung einer Rektaluntersuchung bei der Patientin verpflichtet gewesen wäre. Eine solche sei jedoch nicht dokumentiert. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er die Rektaluntersuchung in Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht nicht durchgeführt habe.

Patient muss Behandlungsfehler nachweisen
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Arztes gut. Gemäss bundesgerichtlicher Praxis obliegt es grundsätzlich dem Patienten, einen Behandlungsfehler nachzuweisen. Wenn der Arzt die Behandlung nicht in ausreichender Weise dokumentiert hat, werden Beweiserleichterungen zugestanden.

Standarduntersuchung ohne Dokumentationspflicht
In seinem Urteil 4A_137/2015 konkretisiert das Bundesgericht den Umfang dieser ärztlichen Dokumentationspflicht. Da die Dokumentation primär der Erfüllung des Behandlungsauftrages dient, muss aufgezeichnet werden, was aus medizinischer Sicht notwendig und üblich ist. Hingegen lässt sich aus dem Auftrag des Arztes keine Beweissicherungspflicht begründen, die über die zur Behandlung erforderlichen Aufzeichnungen hinausgehen würde.
Bei der fraglichen Rektaluntersuchung handelt es sich gemäss Gutachten um eine Standarduntersuchung, deren Dokumentation im Jahre 1993 nicht absolut üblich und gefordert war. Allein aus der fehlenden Dokumentation durfte das Obergericht deshalb nicht den Schluss ziehen, dass die Rektaluntersuchung nicht durchgeführt wurde. Das Bundesgericht weist aus diesem sowie aus weiteren Gründen die Klage der betroffenen Frau ab.

 

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