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Scheidung Juli 16Ein geschiedener Ehemann muss seiner Ex gemäss dem Scheidungsurteil bis ans Lebensende Unterhaltszahlungen leisten. Die Ex zieht mit einer neuen Liebe zusammen. Dadurch entsteht ein Streitfall bis vors Bundesgericht. Die obersten Richter sagen klar und deutlich, wann der geschiedene Ehemann vollständig von der Zahlungspflicht an die Ex befreit wird.

Die Story, die zum Streitfall führt
Hanna B., heute 68-jährig, lebt als kindererziehende Mutter in einer langjährigen Ehe. Diese wird mit Urteil vom 2. Oktober 2006 geschieden. Ihr Ex-Ehemann Fritz M. muss sie mit einem indexierten monatlichen Unterhaltsbeitrag von 3'500 Franken unterstützen. Beim Eintritt ins Rentenalter wird der Betrag im Ausmass der AHV-Rente gekürzt, bleibt aber lebenslang geschuldet. Schon 2005 begegnet Hanna B. ihrem neuen Lebenspartner Markus G.. Dieser bestreitet einen Teil ihrer Lebenskosten. Im April 2011 kaufen Hanna B. und Markus G. gemeinsam ein Haus und ziehen zusammen. Am 25. Juni 2012 verlangt der Ex-Ehemann beim Zivilgericht die Befreiung von seiner Unterhaltspflicht. Das Gericht verfügt am 3. Juni 2014, der Unterhaltbeitrag solle ab Rechtskraft des Urteils sistiert werden. Damit ist Fritz M. überhaupt nicht zufrieden. Er verlangt in seiner Berufung beim Kantonsgericht, seine Zahlungspflicht sei ab dem 1. Juli 2012 endgültig aufzuheben.

Unterhaltspflicht nur unterbrochen
Entscheid der zweiten Instanz: Hanna B. und Markus G. leben zwar in einem stabilen und damit qualifizierten Konkubinat. Gleichwohl wird die Unterhaltspflicht von Fritz M. nur sistiert, und zwar vom 1. Juni 2012 bis zum allfälligen Ende des Konkubinats. Begründung: Das Interesse der Ex-Ehefrau, im Falle des Scheiterns ihrer neuen Beziehung weiterhin unterhalten zu werden, sei höher als das Interesse des Unterhaltspflichtigen, endgültig von seiner Zahlungspflicht befreit zu werden. Der Fall gelangt ans Bundesgericht (BGE 5A_373/2015)

So steht es im Gesetz
Bei erheblicher und dauernder Veränderung der Verhältnisse kann der auf einem Scheidungsurteil beruhende Unterhaltsbeitrag herabgesetzt, aufgehoben oder für eine bestimmte Zeit eingestellt werden (Artikel 129 des Zivilgesetzbuches, ZGB). Ganz sicher erlöscht die Zahlungspflicht, wenn ein Ex-Ehepartner stirbt oder wenn der berechtigte Ex-Ehepartner wieder heiratet (Artikel 130 ZGB). Das nach geschiedenen Ehen von Ex-Ehepartnern häufig eingegangene Konkubinat mit einem neuen Partner wird im Gesetz nicht erwähnt. Deshalb muss bei dieser Lebenssituation die Rechtsprechung den Weg weisen.

Wie eine Wiederverheiratung
Im vorliegenden Fall übernimmt das Bundesgericht die Einschätzung der Vorinstanz und bezeichnet die Partnerschaft von Hanna B. und ihrem Lebenspartner Markus G. als stabiles und damit qualifiziertes Konkubinat. Ein solches liegt in der Regel vor, wenn die Partner während rund fünf Jahren in einer engen «Wohn-, Tisch- und Bettgemeinschaft» leben und sich gegenseitig unterstützen wie in einer Ehe. Allenfalls kann das stabile Konkubinat auch weniger als fünf Jahre gedauert haben, wenn genügend Kriterien für eine eheähnliche Verbindung sprechen.
In seinem französisch abgefassten Entscheid stellt das Bundesgericht im Widerspruch zur Vorinstanz klar: Liegt ein qualifiziertes Konkubinat vor, wird dieses bei der Unterhaltspflicht aus Scheidungsurteilen der Wiederverheiratung gleichgesetzt: Der unterhaltspflichtige Ex-Ehegatte wird von seiner Zahlungspflicht endgültig befreit. Fritz M. muss deshalb seiner Ex ab dem 1. Juli 2012 nie mehr Unterhaltszahlungen überweisen.

Finanzielle Lage spielt keine Rolle
In seinen Urteilserwägungen unterstreicht das Bundesgericht: Bei der Einschätzung, ob ein qualifiziertes Konkubinat vorliegt, spielt die finanzielle Lage der Konkubinatspartner keine Rolle. Ins Gewicht fallen einzig und allein die gegenseitigen Gefühle sowie das Vorhandensein einer Schicksalsgemeinschaft. Entscheidet sich mithin eine geschiedene unterhaltsberechtige Frau für ein qualifiziertes Konkubinat mit einem finanziell schwachen neuen Partner, kann sie den Geldmangel wegen des Verlusts der Unterhaltszahlungen nicht geltend machen. Sie opfert die Zahlungen des Ex endgültig der neuen Liebe.

 

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