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Unfall Praxisangestellte Aug 16Frage von Dr. med. U. L. in B.: «Meine neue Praxisangestellte hat kurz vor dem Stellenantritt einen Unfall erlitten und fällt für einige Zeit aus. Wer zahlt die Heilungskosten und den Lohnausfall – und könnte ich sofort kündigen?»

Unfallkosten

Gemäss dem Gesetz beginnt die Unfallversicherung des neuen Arbeitgebers an dem Tag, an dem der Arbeitnehmer aufgrund der Anstellung die Arbeit antritt oder hätte antreten sollen, in jedem Falle aber im Zeitpunkt, da er sich auf den Weg zur Arbeit begibt. Da sich das Unfallereignis vor Beginn des Versicherungsschutzes ereignet, lehnt der Unfallversicherer der Praxis die Leistungen berechtigterweise ab.
Falls die Praxisangestellte einen vorherigen Arbeitgeber hatte, ist sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit diesem noch 30 Tage gegen Unfall versichert. Tritt sie die neue Stelle erst später an oder meldet er sich nicht innert 30 Tagen beim Arbeitsamt an, hätte sie beim alten Arbeitgeber eine Abredeversicherung von maximal 180 Tagen abschliessen können. So hätte sie 210 Tage vollen Versicherungsschutz. Falls sie das nicht getan hat und zwischen den beiden Stellen mehr als 30 Tage liegen, hätte sie die Unfalldeckung bei der Krankenkasse wieder einschliessen müssen. Auf jeden Fall kommt die Unfallversicherung der neuen Praxis nicht zum Zug.

Grundsatz für den Lohnausfall?
Leistungen für den Lohnausfall bei Unfällen vor Stellenantritt müssten separat versichert werden, was normalerweise nicht der Fall ist. Laut Artikel 324a des Obligationenrechts lautet der Grundsatz für die Lohnfortzahlung wie folgt: «Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.»

Normalerweise keine Lohnfortzahlungspflicht
Anspruch auf eine Lohnfortzahlung entsteht also nur, wenn das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist. Die letztgenannte Voraussetzung erweist sich ein wenig irreführend und ist deshalb die bundesgerichtliche Rechtsprechung präzisiert worden: Demnach besteht die Lohnfortzahlungspflicht von Anfang an, wenn ein befristeter Arbeitsvertrag ohne vorherige, ordentliche Beendigungsmöglichkeit mehr als drei Monat dauern soll und wenn ein unbefristeter Vertrag von Anfang an durch Kündigung erst auf einen Termin nach Ablauf von drei Monaten beendet werden kann. Bei einem normalen unbefristeten Vertrag mit Probezeit oder mit anderer Kündigungsmöglichkeit auf einen Termin, der vor Ablauf der drei Monate liegt, beginnt die Lohnfortzahlungspflicht erst am ersten Tag des vierten Anstellungsmonats (BGE 131 II 629 ff.). Ein solcher Vertrag ist bei Praxisangestellten die Normalität. Es besteht somit keine Lohnfortzahlungspflicht bei einem Unfall vor Stellenantritt.

Kann man der vor Stellenantritt verunfallen Praxisangestellten kündigen?
Der gesetzliche Kündigungsschutz bei Krankheit oder Unfall ist erst nach der Probezeit anwendbar. Enthält der Vertrag mit der neuen Praxisangestellten wie üblich eine Probezeit, gilt: Sollte der Arbeitnehmer infolge Unfalls die neue Stelle nicht antreten können, kann der Arbeitgeber mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen das Arbeitsverhältnis kündigen. Zudem trifft den Arbeitgeber auch keine Lohnfortzahlungspflicht. In der Praxis ist davon auszugehen, dass bei einer Verhinderung des Arbeitnehmers bei Stellenantritt infolge Unfalls der Arbeitgeber nicht sogleich eine Kündigung aussprechen wird. Dies insbesondere, wenn es sich voraussichtlich um eine kurzfristige Verhinderung handeln wird. Nur wenn sich eine langwierige, über mehrere Wochen oder gar Monate andauernde Verhinderung abzeichnen sollte, würde wohl der Arbeitgeber sofort oder spätestens bis zum Ablauf der Probezeit von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen müssen.

 

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