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TARMED April 18Der Bundesrat darf bei der Anpassung von Taxpunkten der TARMED-Tarifstruktur lineare Kürzungen bei verschiedenen Positionen vornehmen und dabei auch politischen Anliegen Rechnung tragen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde einer Krankenkasse gut und hebt einen Entscheid aus dem Kanton Luzern auf.

Förderung der Hausmedizin

Das TARMED-Tarifsystem ist die Grundlage zur einheitlichen Abrechnung ambulanter ärztlicher Leistungen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Der Bundesrat hatte 2012 die Tarifstruktur TARMED Version 1.08 genehmigt, die über 4500 Tarifpositionen für technische und ärztliche Leistungen erfasst und mit Taxpunkten versieht. 2014 führte der Bundesrat eine neue Tarifposition zugunsten hausärztlicher Leistungen ein; gleichzeitig kürzte er die Taxpunkte von bestimmten technischen Leistungen linear um 8,5 Prozent (Anpassungsverordnung 2014). Dabei trug er auch dem politischen Anliegen zur Förderung der Hausarztmedizin Rechnung.

Luzerner Klinik missachtet den neuen Tarif
Eine Klinik aus dem Kanton Luzern stellte in der Folge verschiedene von ihr erbrachte Leistungen gegenüber einer Krankenkasse nach den früher geltenden Tarifen (Version 1.08) in Rechnung. Die Klinik vertrat die Auffassung, dass die Anpassungsverordnung 2014 des Bundesrates widerrechtlich und daher nicht anwendbar sei. Das zuständige Schiedsgericht des Kantons Luzern hiess die Klage der Klinik 2017 gut und verpflichtete die Krankenkasse zur Bezahlung der höheren Rechnungen. Das Schiedsgericht war im Wesentlichen zum Schluss gekommen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anpassung der TARMED-Tarifstruktur durch den Bundesrat zwar erfüllt seien. Die Kürzung der Taxpunkte sei aber nicht sachgerecht.

Politische Anliegen sind zulässig
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der betroffenen Krankenkasse gut, hebt den Entscheid des Schiedsgerichts auf und weist die Klage der Klinik ab. Es kommt zum Schluss, dass sich der Bundesrat bei einer Anpassung der TARMED-Tarifstruktur von politischen Anliegen leiten lassen und die Taxpunkte der betroffenen Positionen linear kürzen darf. Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG, Artikel 43 Absatz 4 und Artikel 43 Absatz 5bis) enthält keine klaren Vorgaben betreffend den Inhalt der Anpassung durch den Bundesrat oder für sein konkretes Vorgehen. Grundsätzlich haben die Tarifpartner oder die zuständige Behörde bei der Festlegung der Tarife auf eine betriebswirtschaftliche Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu achten.

Grosser Ermessensspielraum für den Bundesrat
Auch bei Beachtung dieser Kriterien gibt es für die einzelnen Tarifpositionen aber nicht "die eine" und somit einzig richtige Anzahl Taxpunkte. Primär obliegt der Unterhalt beziehungsweise die Pflege der TARMED-Tarifstruktur den Tarifpartnern. Scheitern wie hier die Anpassungsbemühungen in einem Bereich, der sich als nicht mehr sachgerecht erweist, kann der Bundesrat eingreifen. Die Anpassungskompetenz des Bundesrates ist im Wesentlichen darauf ausgerichtet, die Tarifpartner zu veranlassen, sich auf eine
vertragliche Anpassung der Tarifstruktur zu einigen.
Der Gesetzgeber hat dem Bundesrat einen grossen Ermessensspielraum eingeräumt. Im Ergebnis steht das Krankenversicherungsgesetz einer linearen Kürzung der Taxpunkte bestimmter Positionen durch den Bundesrat nicht entgegen. Dass dieser dabei auch den rechtlich verankerten Zielen der Förderung der Hausarztmedizin und einer kostengünstigen Gesundheitsversorgung Rechnung getragen hat, stellt ebenfalls keine Rechtsverletzung dar.

Das Urteil ist auf der Internetseite des Bundesgerichts abrufbar



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