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Wiedereingliederung Feb 19Das Bundesgericht hat in einem Leiturteil entschieden: IV-Rentenbezüger mit Eingliederungspotential haben nicht nur einen Anspruch, sondern auch die Pflicht, an zumutbaren Wiedereingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Es besteht klar eine Mitwirkungspflicht, wenn die zuständige IV-Stelle Massnahmen anordnet. Für die Anordnung einer Massnahme braucht es auch keinen Revisionsgrund der IV-Rente aufgrund einer Verbesserung des Gesundheitszustandes.

Rentenanspruch einer IV-Rentnerin aufgehoben
Im Bundesgerichtsentscheid geht es um eine 60-jährige Rentnerin der Invalidenversicherung, die bereits seit bald 20 Jahren eine IV-Rente bezieht. 2017 hat die IV-Stelle des Kantons Uri den Rentenanspruch dieser IV-Rentenbezügerin aufgehoben, nachdem sie ein Belastbarkeitstraining im Sinne einer Wiedereingliederungsmassnahme abgebrochen und trotz Mahn- und Bedenkzeitverfahren nicht wieder aufgenommen hat. Das Obergericht des Kantons Uri wies die dagegen erhobene Beschwerde ab.

Klare gesetzliche Pflicht
Auch das Bundesgericht weist nun die dagegen erhobene Beschwerde der Betroffenen ab. Es kommt in seinem Urteil 8C_163/2018 zum Schluss, dass IV-Rentenbezüger mit Eingliederungspotenzial auch bei fehlendem Revisionsgrund für eine Änderung der IV-Rente nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind, an zumutbaren Wiedereingliederungsmassnahmen aktiv teilzunehmen. Die Teilnahme an den Massnahmen ist somit nicht in das Belieben der rentenbeziehenden Person gestellt.
Für die Teilnahme an den Massnahmen besteht eine klare gesetzliche Pflicht: Nach Artikel 7 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG) muss die versicherte Person an allen zumutbaren Massnahmen, die zur Eingliederung ins Erwerbsleben dienen, aktiv teilnehmen.

Von der Rentenversicherung zur Eingliederungsversicherung
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts stand bisher immer im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Anspruchs auf Eingliederungsmassnahmen seitens der versicherten Person. Ob auch eine Mitwirkungspflicht der rentenbeziehenden Person besteht, wenn die IV-Stelle dies verlangt, hatte das Bundesgericht seit Inkrafttreten der 6. IV-Revision noch nicht zu entscheiden. Der jetzige Entscheid des Bundesgerichts deckt sich voll und ganz mit der Stossrichtung der IV-Revisionen 5 und 6: Die Invalidenversicherung soll sich von einer Rentenversicherung zu einer Eingliederungsversicherung entwickeln.

Zahl der Renten verringern
Ging es in der 5. IV-Revision primär um die Vermeidung unnötiger neuer Renten, so soll mit der 6. IV-Revision die Zahl bestehender Renten verringert werden. Das ist auch das Ziel im Fall der 60-jährigen IV-Rentnerin, deren Weigerung an der Teilnahme an Wiedereingliederungsmassnahmen zur Rentenaufhebung führte: In ihrem Fall besteht nämlich die Aussicht darauf, mittels der Wiedereingliederungsmassnahmen ihre Erwerbsfähigkeit wesentlich zu verbessern oder gar wieder ganz herzustellen. Übrigens: Weder die hier 20-jährige Rentendauer noch das Alter von 60 Jahren machen die Wiedereingliederungsmassnahmen unzumutbar.
Die Frage, ob die Rente allenfalls wieder ausgerichtet werden kann, sobald die versicherte Person sich künftig zur Teilnahme an Wiedereingliederungsmassnahmen verpflichtet, musste das Bundesgericht im konkreten Fall nicht beantworten.



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