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Arzt-uebertraegtEin Arzt gibt die Arbeitstätigkeit für seine Einmannpraxisaktiengesellschaft A. AG auf. Er ist fortan nur noch für die Gemeinschaftspraxisaktiengesellschaft B. AG tätig, deren Mitaktionär und Verwaltungsratspräsident er ist. Aufgrund eines Aktionärsbindungsvertrags hat er seinen Patientenstamm im Wert von 173'000 Franken von der A. AG kostenlos in die B. AG eingebracht. Die Steuerbehörde wertet diese kostenlose Verschiebung des Patientenstamms als verdeckte Gewinnausschüttung der A. AG. Diese muss deshalb eine Gewinnaufrechnung von 150'000 Franken versteuern. Das Bundesgericht lehnt eine Beschwerde gegen diesen Steuerentscheid ab. Lesen Sie einen Einblick in die Erwägungen der Bundesrichter.

Das ist der Grundsatz
Aus den Erwägungen des Bundesgerichtsentscheids 2C_1028/2019 vom 18. Mai 2020 ist abzuleiten: Wird eine Arztpraxis als Aktiengesellschaft mit einem Alleinaktionär geführt, kommt der nichtbilanzierbare originäre Goodwill im Falle der Praxisübernahme durch Veräusserung der Aktien im Aktienkaufpreis zum Vorschein, indem dieser den Substanzwert der Gesellschaft und damit der Aktien übersteigt. Unabhängig davon, wie der vorhandene Goodwill bei der Aushandlung des Kaufpreises bewertet wird, gelangt der Goodwill im Kaufpreis zur Erscheinung und der Veräusserer realisiert die diesem entsprechenden stillen Reserven als Teil des beim Aktienverkauf realisierten Aktienpreises. Sind die Aktien im Privatbesitz, ist der damit verbundene Kapitalgewinn steuerfrei. Das ist aber nicht der Fall, wenn der erwirtschaftete Goodwill als verdeckte Gewinnausschüttung der Aktiengesellschaft übertragen wird. Genau das geschieht aber, wenn ein Arzt den Patientenstamm seiner Einmannpraxisaktiengesellschaft kostenlos in eine Gemeinschaftspraxisaktiengesellschaft einbringt.

Erwirtschafteter Goodwill wird im konkreten Fall kostenlos übertragen
Im konkreten Fall gilt: Der Arzt und Alleinaktionär seiner Einmannpraxisaktiengesellschaft A. AG wechselt mit der Aufgabe seiner Tätigkeit für seine AG und der Aufnahme einer ärztlichen Erwerbstätigkeit für die Gemeinschaftspraxisaktiengesellschaft B. AG nicht einfach seine Stelle. Indem er bei der Gemeinschaftspraxisaktiengesellschaft B. AG seine bisherigen Patienten weiterbetreut und damit den von ihm geschaffenen Patientenstamm kostenlos in die neue Gesellschaft einbringt, an der er als einer von vier weiteren Ärzten und gleichzeitig Aktionären beteiligt ist, entnimmt der Arzt seiner Einmannpraxisaktiengesellschaft A. AG den darin erwirtschafteten nichtbilanzierten Goodwill. Dass dieser werthaltige Goodwill vorgängig durch ihn selbst als Arbeitnehmender der Einmannpraxisaktiengesellschaft A. AG geschaffen worden war, ändert nichts. Denn es ist unbestritten, dass die Einmannpraxisaktiengesellschaft A. AG wegen der kostenlosen Mitnahme des Patientenstamms keine Gegenleistung erhält. Klar ist deshalb, dass die kostenlose Einbringung des Patientenstamms in die Gemeinschaftspraxisaktiengesellschaft B. AG als verdeckte Gewinnausschüttung der Einmannpraxisaktiengesellschaft A. AG zu bezeichnen ist, die entsprechend zu versteuern ist.

Aufgepasst bei der kostenlosen Übertragung eines Patientenstamms
Der Bundesgerichtsentscheid 2C_1028/2019 wird im «ASA Archiv für Schweizerisches Abgaberecht 89(2020-2021)» wie folgt kommentiert: «Der Fall des Arztes, der seinen Patientenstamm von seiner Einmannpraxisaktiengesellschaft kostenlos in eine Gemeinschaftspraxisaktiengesellschaft einbringt, zeigt, wie heikel die kostenlose Verschiebung von florierenden Geschäftsaktivitäten von einer Gesellschaft in eine andere sein kann. Was im Rahmen einer steuerneutralen Umstrukturierung unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, kann bei einer stillen Liquidation einer Praxisaktiengesellschaft durchaus Steuerprobleme auslösen.»



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