Fragen ?
Kontakt

 

ErgaenzungsleistungenFrage von Frau Dr. med. I. H. in B.: «Meine 83jährige demente Mutter wohnt aktuell noch zu Hause mit Unterstützung der Familie und Spitex. Bald muss sie in ein Pflegeheim eintreten. Dann werden ihre flüssigen Mittel schnell dahinschwinden. Sie ist Eigentümerin des wertvollen Familienhauses, das ich als Einzeltochter erben werde. Ist eine Schenkung an mich die geeignete Massnahme, um einem Zugriff staatlicher Behörden auf das Familienhaus zu entgehen, falls meine Mutter die Kosten für das Pflegeheim nicht mehr bezahlen kann?»

Revidiertes Ergänzungsleistungsgesetz: «Rettungsschenkungen» verhindern
Mit dem revidierten Ergänzungsleistungsgesetz, das am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, soll namentlich auch verhindert werden, dass Menschen ihr Vermögen mittels einer Schenkung «retten», um dann zur Finanzierung des Pflegeheims oder des Altersheims Ergänzungsleistungen des Staates und damit des Steuerzahlers in Anspruch zu nehmen. Die entsprechenden Gesetzesparagrafen zur Verhinderung von «Rettungsschenkungen» zugunsten der Erben und zulasten der Steuerzahler sind unmissverständlich.

Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung ELG (Stand am 1. Januar 2021)
Art. 11a Verzicht auf Einkünfte und Vermögenswerte

  1. Verzichtet eine Person freiwillig auf die Ausübung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, so ist ein entsprechendes hypothetisches Erwerbseinkommen als anrechenbare Einnahme zu berücksichtigen. Die Anrechnung richtet sich nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a.
  2. Die übrigen Einnahmen, Vermögenswerte und gesetzlichen oder vertraglichen Rechte, auf die eine Person ohne Rechtspflicht und ohne gleichwertige Gegenleistung verzichtet hat, werden als Einnahmen angerechnet, als wäre nie darauf verzichtet worden.
  3. Ein Vermögensverzicht liegt auch vor, wenn ab der Entstehung des Anspruchs auf eine Hinterlassenenrente der AHV beziehungsweise auf eine Rente der IV pro Jahr mehr als zehn Prozent des Vermögens verbraucht wurden, ohne dass ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Bei Vermögen bis 100’000 Franken liegt die Grenze bei 10’000 Franken pro Jahr. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten; er bestimmt insbesondere die wichtigen Gründe.
  4. Bei Bezügerinnen und Bezügern einer Altersrente der AHV gilt Absatz 3 auch für die 10 Jahre vor dem Beginn des Rentenanspruches.


Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung ELV (Stand am 1. Januar 2021)
Art. 17e Berücksichtigung des Vermögens, auf das verzichtet wurde

  1. Der anzurechnende Betrag des Vermögens, auf das gemäss Artikel 11a Absätze 2 und 3 ELG verzichtet wurde, wird für die Berechnung der Ergänzungsleistungen jährlich um 10’000 Franken vermindert.
  2. Der Betrag des Vermögens im Zeitpunkt des Verzichts ist unverändert auf den 1. Januar des Jahres, das auf den Verzicht folgt, zu übertragen und dann jeweils nach einem Jahr zu vermindern.
  3. Für die Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung ist der verminderte Betrag am 1. Januar des Bezugsjahres massgebend.


Man kann sein Vermögen nicht einfach verschenken und dann den Steuerzahler zahlen lassen
Wenn man sich das wertvolle Familienhaus von der dementen Mutter schenken lässt, wird dessen Wert abzüglich 10'000 Franken pro Jahr seit der Schenkung in die Berechnung der Ergänzungsleistungen eingehen, wie es nie verschenkt worden wäre. Dann kämen dann wohl keine staatlichen Ergänzungsleistungen zustande und man muss privat für die nicht gedeckten Heimkosten aufkommen. Oder: Man kann sein Vermögen nicht einfach verschenken, damit dann der Staat die anfallenden Heimkosten mit Ergänzungsleistungen aus Steuergeldern berappt. Zuerst muss das Vermögen ausserhalb der gesetzlichen Vermögensgrenzen für Ergänzungsleistungsbezüger für die anfallenden Kosten aufgebraucht werden.
Zur Finanzierung von nicht gedeckten Kosten des Pflegeheims oder des Altersheims kann eine wertvolle Immobilie höher hypothekarisch belastet werden. Geht das nicht, muss allenfalls verkauft werden.

Kommt dazu: In bestimmten Fällen müssen die Ergänzungsleistungen zurückbezahlt werden
In Artikel 16a des am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen revidierten Ergänzungsleistungsgesetzes ist zu lesen: «Rechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen sind nach dem Tod der Bezügerin oder des Bezügers aus dem Nachlass zurückzuerstatten. Die Rückerstattung ist nur von demjenigen Teil des Nachlasses zu leisten, der den Betrag von 40’000 Franken übersteigt. Bei Ehepaaren entsteht eine Rückerstattungspflicht erst aus dem Nachlass des Zweitverstorbenen.» Wegen der ohne Einbezug des selbstbewohnten Eigenheims tiefen Vermögensschwellen für den Bezug von Ergänzungsleistungen, müssen die Erben von Ergänzungsleistungsbeziehenden die Rückerstattung der Ergänzungsleistungen wohl zumeist aus der Verwertung des geerbten Eigenheims bezahlen.
Diese Bestimmung ist nicht rückwirkend. Das bedeutet beispielsweise: Wenn der Nachlass einer 2023 versterbenden Ergänzungsleistungsbezügerin dank des vererbten selbstbewohnten Eigenheims 40'000 Franken übersteigt, müssen die Erben lediglich die seit dem Inkrafttreten der Ergänzungsleistungsreform angefallenen Ergänzungsleistungen zurückerstatten, mithin die Ergänzungsleistungen für 2021, 2022 und 2023.



Weitere Optionen