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Professor-Schaefer-Oktober-21Prof. Dr. med. Stefan Schäfer, 56-jährig (Bild), wächst in Düsseldorf, Deutschland, auf. In Düsseldorf und Essen studiert er Medizin und absolviert ein Auslandsemester in Houston, USA. Nach der Approbation erfolgen an der Universitätsklinik in Düsseldorf die Weiterbildung zum Internisten und Kardiologen und einige Jahre als Spitalarzt. Dann geht Dr. Schäfer in die Forschung und Entwicklung von Medikamenten. Er arbeitet bei verschiedenen Pharmaunternehmen in Deutschland und den Niederlanden. Zuletzt ist er bei Bayer verantwortlich für die Einführung neuer Medikamente im Herzkreislaufbereich in die Prüfung am Menschen. Daneben ist er in Spitälern und Notfallpraxen stets im Notfalldienst tätig. 2014, kurz vor dem 50. Geburtstag, erfolgt die abrupte berufliche Neuorientierung: Dr. Schäfer übernimmt zusammen mit seiner Frau Erika Schäfer, die ebenfalls Ärztin ist, die Arztpraxis im aargauischen Waltenschwil. Im Gespräch mit den «ABC-E-News» verrät er, was ihn zu diesem Schritt bewogen und wie er als deutscher Arzt den Sprung in die Schweiz erlebt hat.

Prof. Dr. med. Stefan Schäfer, weshalb tragen Sie den Professorentitel?
Prof. Stefan Schäfer: Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Tätigkeit bin ich Mitglied der Medizinischen Fakultät der Universität Giessen. Nach der Habilitation bedeutete die Ernennung zum ausserplanmässigen Professor eine Anerkennung meiner wissenschaftlichen Leistungen sowie meines Engagements in der Ausbildung der Studierenden. Meine Lehrverpflichtung an der Universität Giessen erfülle ich dadurch, dass ich für Praktika im Bereich der Allgemeinen Inneren Medizin zur Verfügung stehe. Wir hatten hier in der Schweiz mehrfach Studierende für jeweils eine Woche zu Gast, die ich in diesem Zeitraum in die Hausarztmedizin einführen konnte. Allerdings vermisse ich wegen der grossen Entfernung den direkten Kontakt zu den übrigen Lehrenden und Studierenden in Giessen. Aus diesem Grunde plane ich eine Umhabilitation an die Universität Zürich. Am dortigen Institut für Hausarztmedizin bin ich seit einigen Jahren ebenfalls als Lehrperson tätig.

Wie kamen Sie 2014 auf die Idee, die Arztpraxis Waltenschwil im Kanton Aargau zu übernehmen?
Prof. Stefan Schäfer: Im Jahre 2014 wurde meiner Frau und mir zunehmend klar, dass wir an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt angekommen waren. Die beiden ältesten Söhne waren aus dem Haus. Und wir beide standen vor unserem 50. Geburtstag. Schon lange hatten wir davon geträumt, einmal gemeinsam eine Praxis zu übernehmen. Deshalb interessierten wir uns für ein Inserat im deutschen Ärzteblatt, das die Übernahme der Arztpraxis von Dr. René Kuhn in Waltenschwil im Kanton Aargau angeboten hat. Dank der guten Betreuung durch das auf das Gesundheitswesen spezialisierte Unternehmensberatungsunternehmen Federer & Partners, Dottikon, haben meine Frau und ich die Arztpraxis Waltenschwil dann auch tatsächlich übernommen.

Welche Hindernisse mussten Sie überwinden bis zur Praxiseröffnung in Waltenschwil und wie haben Sie das gemeistert?
Prof. Stefan Schäfer: In der Rückschau bin ich immer wieder überrascht, wie komplikationslos der Übergang in die Schweiz funktioniert hat. Aufgrund der sprichwörtlichen Verlässlichkeit der Schweizer Verwaltungen hat die Anerkennung unserer Dokumente keine Probleme gegeben. Zudem hatten meine Frau und ich das grosse Glück, mit der Arztpraxis Waltenschwil eine exzellent geführte Praxis zu übernehmen. Vor der Übernahme habe ich einen Monat beim Vorgänger Dr. René Kuhn hospitiert. In dieser Zeit habe ich von ihm eine hervorragende Einführung in die Besonderheiten des Schweizer Gesundheitssystems bekommen. Auch nach der Übernahme stand und steht Dr. Kuhn uns weiter mit Rat und Tat zur Seite. Ich denke, insgesamt braucht es einfach ein wenig Mut, etwas Neues zu wagen und mit einem gewissen Zukunftsvertrauen einen neuen Lebensabschnitt anzugehen. Dies ist meiner Frau Erika und mir, so denken wir, gut gelungen. Auch unser jüngster Sohn Florian hat mitgezogen und ist inzwischen in der Schweiz gut integriert.

Wie haben Sie vor der Praxiseröffnung die Versicherungsprobleme gelöst?
Prof. Stefan Schäfer: Das Unternehmensberatungsunternehmen Federer& Partners sowie die ABC-Ärzteberatung haben uns exzellent unterstützt. Somit konnten alle Genehmigungen zeitgemäss beschafft und alle notwendigen Versicherungen aus einer Hand abgeschlossen werden. Dass wir gut versichert sind, war schon mal auf dem Prüfstand: Ich bin für einige Wochen krankheitshalber ausgefallen. Dank der für uns massgeschneiderten Taggeldversicherung konnte der Umsatzausfall problemlos kompensiert werden.

Haben Sie erwogen, die Rechtsform Ihrer Arztpraxis in eine Aktiengesellschaft AG oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH umzuwandeln?
Prof. Stefan Schäfer: Das Thema Kapitalgesellschaft habe ich mit meinem Treuhänder besprochen. Dabei sind wir zu der Einschätzung bekommen, dass eine Umwandlung in einer Kapitalgesellschaft zum jetzigen Zeitpunkt nicht nötig ist. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand scheint derzeit im Verhältnis zur möglichen Steuerersparnis zu hoch zu sein. Ich denke aber, dass dieses Thema erneut diskutiert werden muss, wenn sich die Praxis vergrössert und gegebenenfalls eine Partnerschaft oder Übergabe an einen möglichen Nachfolger ansteht.

Denken Sie denn bereits an die Nachfolgeregelung?
Prof. Stefan Schäfer: Ja, so langsam müssen meine Frau und ich uns mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzen. Der weithin beklagte Hausärztemangel macht es aber schwierig, eine Partnerin oder einen Partner, oder eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden. Dies zumal dann, wenn sich die Praxis etwas abseits der grossen Städte befindet. Aber: Durch einen Umzug in moderne Praxisräumlichkeiten vor einem Jahr und dank unseres hochmotivierten Teams haben wir beste Voraussetzungen geschaffen, um für eine ärztliche Mitstreiterin oder einen ärztlichen Mitstreiter attraktiv zu sein.

Noch eine Frage aus aktuellem Anlass: Wie hat sich die Coronakrise auf Ihre Arztpraxis ausgewirkt?
Prof. Stefan Schäfer: Zu Beginn der Coronakrise anfangs 2020 waren wir wie alle vom Virus überrascht: Der strenge Lockdown hat damals für uns zu Kurzarbeit geführt. Inzwischen hat sich die Situation normalisiert. Wir haben gelernt, mit dem Virus zu leben. Heute führen wir mit Patientinnen und Patienten viele Gespräche über die Covid-19-Impfung. Alle Menschen müssen sich klarmachen, dass das Coronavirus nicht mehr verschwinden wird. Wer nicht geimpft ist, muss damit rechnen, über kurz oder lang einer Covid-19-Infektion zu erleiden. Das Risiko einer Erkrankung ist in jedem Fall viel höher als die kleine Unannehmlichkeit der Impfung.

Zum Schluss: Welche Überlegungen können Sie aufgrund Ihrer bisherigen Erfahrungen als in Deutschland ausgebildeter und in der Schweiz als Hausarzt und Kardiologe tätiger Mediziner unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Prof. Stefan Schäfer: Meine Frau und ich sind froh, den Sprung in die Schweiz gewagt zu haben. Wir sind von den Menschen gut aufgenommen worden und fühlen uns hier inzwischen «sauwohl». Das Gesundheitssystem in der Schweiz bietet für alle Patientinnen und Patienten eine exzellente Versorgung, nicht zuletzt auch im ambulanten Bereich. Bei aller Kritik in einzelnen Punkten sollten wir uns das immer wieder vor Augen halten.



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